Davor Solter erhält Gairdner Award 2018
Emeritus Max Planck Direktor wird für die Entdeckung der genomischen Prägung geehrt
Der 2018 Canada Gairdner International Award, einer der renommiertesten internationalen Preise in der Biomedizin, wird in diesem Jahr an den emeritierten Max-Planck-Direktor Davor Solter für die Entdeckung des Phänomens der genomischen Prägung (engl. „genomic imprinting“) bei Säugetieren verliehen. Solter erhält den Preis gemeinsam mit Azim Surani, Direktor des Wellcome Trust Cancer Research UK/Gurdon Institute in Cambridge, Großbritannien.
Die Entdeckungen von Davor Solter und Azim Surani, die unabhängig voneinander arbeiteten, haben das Konzept der genomischen Prägung begründet und konnten damit zum Verständnis einer Vielzahl menschlichen Erkrankungen wie etwa den Beckwith-Wiedemann- und Silver-Russell-Syndromen beitragen.
Das Abschalten von Genen
Während der Fortpflanzung erhalten die Nachkommen der Säugetiere zwei Kopien der meisten Gene – eine Kopie von jedem Elternteil. In fast alle Fällen sind beide Kopien aktiv. Solter und Surani konnten jedoch zeigen, dass bei einer sehr kleinen Anzahl von Genen, den sogenannten „geprägten Genen“, die Nachkommen nur eine aktive Kopie erben, die entweder vom Vater oder von der Mutter stammt. Die Kopie des jeweils anderen Elternteils ist inaktiv. Wenn die aktive Kopie eines geprägten Gens mutiert ist, leidet der Organismus an Entwicklungsverzögerungen, Fehlbildungen oder erhöhter Sterblichkeit.
Die genomische Prägung spielt bei Säugetieren in vielen Bereichen eine wichtige Rolle. Sie beeinflusst die Embryonalentwicklung, die Entstehung der Plazenta und die Versorgung des Fötus mit Nährstoffen. Darüber hinaus reguliert genomische Prägung auch kritische Aspekte der Säugetierphysiologie, wie etwa den Stoffwechsel, die neuronale Entwicklung und das Verhalten.
Heute sind mehr als 100 geprägte Gene bekannt und falsche Prägungen sind ursächlich für zahlreiche Entwicklungsstörungen, pathophysiologische Phänomene und Verhaltensanomalien bei Mäusen aber auch bei Menschen. So gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass das Phänomen der genomischen Prägung die Gesundheit beeinflusst, indem es die Anfälligkeit für zahlreiche Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Krebs erhöht. Auch Auswirkungen auf andere Aspekte der Säugetierphysiologie sind bekannt, wie die Erhaltung von Stammzellen, die Regulierung der Körpertemperatur, und des Ernährungszustands.
Genomische Prägung – eine Schlüsselentdeckung, die das Feld der Epigenetik begründete
Zusätzlich zu den bahnbrechenden Beiträgen von Solter und Surani zum Verständnis der entwicklungsbiologischen und physiologischen Folgen der genomischen Prägung gelten ihre Arbeiten auch als Meilenstein, der das Forschungsfeld der Epigenetik entscheidend in Gang gesetzt hat. Heute arbeiten weltweit Wissenschaftler daran, die molekularen Grundlagen der genomischen Prägung zu verstehen, mit besonderem Fokus auf der Erforschung der epigenetischen Modifikationen der DNA und der Art der Vererbung solcher epigenetischer Markierungen.
Erfahren Sie hier mehr über die Entdeckung der genomischen Prägung im Video der Gairdner Foundation:
2018 International Awards: Davor Solter & Prof. Azim Surani
Zusätzlich: sehen sie hier einen Mittschnitt der Verkündung der Preisträger der diesjährigen Canada Gairdner International Awards am 27. März 2018. Die offizielle Preisverleihung findet im Rahmen der jährlichen Canada Gairdner Awards Gala in Toronto am 25. Oktober 2018 statt.
Biographie Davor Solter
Davor Solter, geboren 1941 in Zagreb (Jugoslawien), studierte Medizin und Biologie an der Universität Zagreb, wo er 1965 den Doktor der Medizin und 1971 einen Doktortitel in Biologie erwarb. Von 1973 bis 1991 war er Professor am Wistar Institute of Anatomy and Biology in Philadelphia, USA und zudem ab 1984 Wistar Professor für Biologie er Universität Pennsylvania, USA. 1991 wurde Davor Solter zum Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg ernannt, wo er bis 2006 die Abteilung für Entwicklungsbiologie leitete. Nach seiner Emeritierung als Max-Planck-Direktor war Solter von 2008 bis 2013 Professor an der Singapore National University (als Teil einer Kooperation mit der Duke University Durham, USA) und Forschungsdirektor des Instituts für Medizinische Biologie der Agency for Science, Technology and Research (A*STAR) in Singapur. Seit 2014 ist Solter zudem Gastprofessor an der Medizinischen Fakultät der Mahidol-Universität in Bangkok, Thailand. Davor Solter ist vielfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem March of Dimes Prize für Entwicklungsbiologie (1998), dem Rosenstiel Award der Brandeis University, Boston, USA (2007) sowie dem Canada Gairdner International Award Prize (2018).
Die Canada Gairdner International Awards
Die Canada Gairdner International Awards, die seit 1959 von der kanadischen Gairdner Foundation jährlich verliehen werden, ehren weltweit anerkannte Wissenschaftler für ihre wegweisenden Arbeiten in der biomedizinischen Grundlagenforschung, die entscheidend zum Verständnis der menschlichen Biologie sowie von Erkrankungen beigetragen haben. Die Auszeichnung ist mit 100.000$ (CDN) dotiert. Seit der ersten Preisverleihung sind 373 Wissenschaftler aus 30 Ländern mit dem Canadian Gairdner Award gewürdigt wurden, von denen bislang auch 87 den Nobelpreis erhalten haben.