Schlüsselprotein entdeckt, das Zellen hilft, ihre Identität zu bewahren

Das Protein Mrc1 ist für die akkurate Weitergabe chemischer Markierungen an die Histone während der Zellteilung unerlässlich

20. August 2024

Die Forschungsgruppen von Thon und Groth an der Universität Kopenhagen, dem ehemaligen Labor des neuen Freiburger Max-Planck-Gruppenleiters Valentin Flury, haben in ihrer neuesten Studie in der Fachzeitschrift „Cell“ eine entscheidende Entdeckung gemacht. Sie fanden heraus, dass das Protein Mrc1 eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Identität von Zellen während Teilungs- und Wachstumsprozessen spielt. Diese Entdeckung könnte das Verständnis von Krankheiten wie Krebs und dem Alterungsprozess erheblich beeinflussen und stellt einen wichtigen Fortschritt auf dem Gebiet der Epigenetik und ihres Einflusses auf Gesundheit und Krankheit dar.

Die Epigenetik untersucht Mechanismen, durch die Gene aktiviert oder deaktiviert werden können, ohne dass eine Änderung in der DNA-Sequenz vorliegt. In diesem Kontext spielen chemische Markierungen auf der DNA und Proteinen, die als Histone bezeichnet werden, eine wichtige Rolle. Sie steuern die Aktivität der Gene. Wenn eine Zelle sich teilt, müssen diese Markierungen präzise an die neuen Zellen weitergegeben werden. Nur so können diese neuen Zellen genauso wie ihre Mutterzelle funktionieren.

Im Rahmen ihrer Forschung haben Genevieve Thon und Anja Groth von der Universität Kopenhagen herausgefunden, dass das Protein Mrc1 für den korrekten Transfer dieser chemischen Markierungen bei der Zellteilung unabdingbar ist. Mrc1 stellt sicher, dass die Histone, die eben diese Markierungen tragen, gleichmäßig auf die beiden neuen Kopien der DNA verteilt werden. Dies trägt dazu bei, dass die Identität und Funktion der ursprünglichen Zelle erhalten bleibt.

„Während meiner Promotion an der Biologischen Fakultät wussten wir bereits, dass dieses Protein, eine entscheidende Rolle spielt, um den sogenannten Heterochromatin-Zustand der Zellen zu erhalten. Wir hatten zwar eine ziemlich klare Vorstellung von seinem Funktionsmechanismus und auch experimentelle Daten dazu. Jedoch fehlten uns in unserem Labor die notwendigen Hilfsmittel, um diese Theorien auf molekularer Ebene vollständig bestätigen zu können“, erklärt Sebastian Charlton. Er arbeitet mittlerweile als Postdoc am Novo Nordisk Foundation Center for Protein Research (CPR) und ist Co-Erstautor der vorliegenden Studie.

Um diese Werkzeuge zu erhalten, hat sich Dr. Charlton mit Dr. Valentin Flury, Postdoktorand und jetzt Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, sowie anderen Forschenden aus verschiedenen Instituten zusammengetan. Durch diese Kollaboration bestätigten sich nicht nur ihre ursprünglichen Theorien, sondern sie entdeckten auch eine unerwartete Doppelrolle von Mrc1.

Während der Zellteilung, wenn die DNA kopiert wird, ist es entscheidend, dass die Histone samt ihrer chemischen Markierungen korrekt auf die neu gebildeten DNA-Stränge übergehen, um sie an die neu gebildeten Tochterzellen weiterzugeben. Mrc1 stellt sich hierbei als Schlüsselregulator dieses Vorgangs dar, indem es die Verteilung der Histone auf die beiden neuen DNA-Stränge steuert. Hierbei bindet das Mrc1-Protein sowohl mit den Histon-Proteinen alleine, als auch in Verbindung mit einem weiteren Protein namens Mcm2. Durch diesen Prozess bleibt der Zelle »erinnerlich«, welche Gene aktiviert und welche deaktiviert werden müssen.

Das Abschalten bestimmter Gene wird gestört

Die Experimente des Teams zeigen, dass Mutationen in Mrc1 die ordnungsgemäße Übertragung von Histonen stören, was zu einem Verlust dieser entscheidenden epigenetischen Information führt und die Zellidentität beeinträchtigt. Wenn Mrc1 mutiert ist, wird das Silencing bestimmter Gene beeinträchtigt, was zeigt, wie wichtig Histone für die Übertragung und Weitergabe epigenetischer Informationen sind.

Diese Entdeckung ist von großer Bedeutung, denn eine stabile epigenetische Landschaft - also die Gesamtheit aller chemischen Modifikationen in der DNA und ihren assoziierten Proteinen - ist notwendig für die normale Funktion aller Körperzellen. Probleme in diesem Prozess können Krankheiten wie Krebs verursachen und zum fortschreitenden Alterungsprozess beitragen, der oft mit einer Verschlechterung der epigenetischen Landschaft einhergeht. „Wir können das gesamte Potenzial unserer Entdeckung noch nicht vollständig abschätzen", erklärt Miterstautor Valentin Flury. "Dennoch haben wir einen grundlegenden Mechanismus identifiziert, der für die Beibehaltung der Zellidentität sorgt. Wenn es uns gelingt, diesen Mechanismus zu manipulieren, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Forschung der Zukunft haben.“

Lesen Sie den vollständigen Artikel „The fork protection complex promotes parental histone recycling and epigenetic memory“ in Cell.

Englische Original-Pressemitteilung hier und hier.

 

Verfasst von Jane Fitch | Deutsche Übersetzung: MPI-IE

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