Davor Solter erhält Mendel Medal
Die britische Genetics Society ehrt Emeritus Max-Planck-Direktor
Davor Solter erhält die Mendel Medal 2022 der Genetic Society. Solter, Emeritus des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik Freiburg wird gemeinsam mit Azim Surani vom Gurdon Institute für die Entdeckung der genomischen Prägung geehrt. Ihre Beiträge waren von zentraler Bedeutung für eine wissenschaftliches Feld, das später als „Epigenetik“ bekannt wurde. Ihre bahnbrechenden Studien zur genomischen Prägung bei Säugetieren trugen zudem zum Verständnis mehrerer menschlicher Entwicklungsstörungen bei.
Die Mendel Medal der britischen Genetics Society geht in diesem Jahr an Davor Solter, emeritierter Direktor des MPI für Immunbiologie und Epigenetik (1991-2006). Solter wird für die Entdeckung der sogenannten genomischen Prägung („genomic imprinting“) geehrt. Er erhält den Preis zusammen mit Azim Surani, Direktor am Gurdon Institute in Cambridge (UK).
Die Entdeckung des Phänomens der genomischen Prägung war „ausschlaggebend für zahlreiche Fortschritte in der Epigenetik und eine besseres Verständnis der Entwicklung von Säugetieren“, so die Genetics Society in ihrer Begründung, und führte zum Verständnis einer Vielzahl menschlicher Krankheiten, wie dem Beckwith-Wiedemann- und dem Prader-Willi-Syndrom.
Unter genomischer Prägung versteht man die Tatsache, dass bei einem Individuum der mütterliche und väterliche Ursprung eines Genoms - trotz identischer Gensequenzen - funktionell nicht gleichwertig sind. Es hat sich gezeigt, dass bestimmte Abschnitte auf den Chromosomen während der Entwicklung in der elterlichen Keimbahn geschlechtsspezifisch verändert werden, so dass in den Körperzellen nur das mütterliche oder das väterliche Allel eines Gens aktiv ist. Dies kann ein Gesundheitsrisiko für das Individuum mit sich bringen. Denn ist dieses Gen mutiert, dann kann die Kopie des anderen Elternteils nicht einspringen, um Krankheiten zu verhindern.
Solter, damals am Wistar-Institut in Philadelphia, und Surani beschrieben dieses Phänomen 1984 unabhängig voneinander und begründeten damit das Konzept der genomischen Prägung und gaben so wichtige Impulse für den Bereich der Epigenetik. Heute arbeiten Wissenschaftler auf der ganzen Welt daran, die molekularen Grundlagen der genomischen Prägung zu verstehen, wobei sie sich besonders auf epigenetische Veränderungen der DNA und die Art der Vererbung solcher epigenetischen Markierungen konzentrieren.
Im Laufe seiner Karriere hat Davor Solter weitere bedeutende Beiträge zu vielen Bereichen der Entwicklungsbiologie von Säugetieren geleistet, darunter die Differenzierung der Keimblätter, die Rolle von Zelloberflächenmolekülen bei der Regulierung der frühen Entwicklung, die Biologie und Genetik von Teratokarzinomen, die Biologie embryonaler Stammzellen und das Klonen.
Biographie Davor Solter
Davor Solter, geboren 1941 in Zagreb (Jugoslawien), studierte Medizin und Biologie an der Universität Zagreb, wo er 1965 den Doktor der Medizin und 1971 einen Doktortitel in Biologie erwarb. Von 1973 bis 1991 war er Professor am Wistar Institute of Anatomy and Biology in Philadelphia, USA und zudem ab 1984 Wistar Professor für Biologie er Universität Pennsylvania, USA. 1991 wurde Davor Solter zum Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg ernannt, wo er bis 2006 die Abteilung für Entwicklungsbiologie leitete. Nach seiner Emeritierung als Max-Planck-Direktor war Solter von 2008 bis 2013 Professor an der Singapore National University (als Teil einer Kooperation mit der Duke University Durham, USA) und Forschungsdirektor des Instituts für Medizinische Biologie der Agency for Science, Technology and Research (A*STAR) in Singapur. Seit 2014 ist Solter zudem Gastprofessor an der Medizinischen Fakultät der Mahidol-Universität in Bangkok, Thailand. Davor Solter ist vielfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem March of Dimes Prize für Entwicklungsbiologie (1998), dem Rosenstiel Award der Brandeis University, Boston, USA (2007) sowie dem Canada Gairdner International Award Prize (2018).
Die Genetics Society und die Mendel Medaille
The Genetics Society ist eine eingetragene Wohltätigkeitsorganisation und wurde 1919 als weltweit erste Gesellschaft gegründet, die sich mit der Erforschung der Mechanismen der Vererbung befasste. Sie ist auch eine der weltweit ältesten „Gelehrtengesellschaften“. Berühmte Gründungsmitglieder waren Edith Rebecca Saunders, William Bateson, JBS Haldane und AW Sutton. Die Genetics Society wird von einem gewählten Ausschuss geleitet, der sich aus freiwilligen Mitgliedern aus der Wissenschaft zusammensetzt. Der Genetics Society gehören mehr als 2.000 aktive Berufsgenetiker im Vereinigten Königreich an, darunter auch Lehrer:innen, Forscher:innen und Studierende, und sie steht allen offen, die sich für genetische Forschung oder Lehre oder für die praktische Züchtung von Pflanzen und Tieren interessieren.
Die Mendel-Medaille ist nach Gregor Friedrich Mendel (1822-1884) benannt, der vor allem für seine Kreuzungsversuchen mit Gartenerbsen bekannt ist, mit denen er den Grundstein zur modernen Vererbungslehre bzw. der Genetik als wissenschaftliche Disziplin gelegt hat. Die Mendel-Medaille wird vom Präsidenten der Genetics Society in der Regel zweimal während seiner oder ihrer Amtszeit an Personen verliehen, die herausragende Beiträge zur Forschung auf einem beliebigen Gebiet der Genetik geleistet haben.